Der Gasthof zum Adler steht im Dorfzentrum von Unterstammheim. „Hangerten“ ist der Flurname rund um diesen Platz mit dem grossen Brunnen. Bis 1862 stand hier die Dorflinde.** Bevor 1531 das Gemeindehaus gebaut wurde, war dies der Platz an dem sich die Bürger trafen, um Angelegenheiten der Gemeinde zu besprechen und über die Zukunft zu beraten. Auch die Rechtssprechung fand hier statt….Der „Hangerte“ war ursprünglich der „Heim-Garten“, also der eingezäunte Hofplatz des Dorfes, der Ort, wo man sich zu Beratungen und geselligen oder festlichen Anlässen, auch zum Gespräch traf. **
„1855 wurde ein gewaltiger Adler und 1890 eine Gemse geschossen, die sich in unsere Gegend verirrt hatten.“* Walter Frei-Schmid*** bezieht sich in seiner nacherzählten Legende, die er von alt Jäger Ulrich vom Oberdorf gehört habe, darauf: “Anno 1855 gab es am Schnebelhorn(hinteres Tösstal) noch zahlreiche Steinadler und Gemsen. Ein Steinadlerpaar hatte Junge und brauchte viel Futter für die junge Brut. Da sichtete das Männchen eine junge Gemse und wollte sie schlagen, aber immer wieder sei sie dem Greifvogel entwichen, das Tösstal hinunter bis zuletzt nach Unterstammheim. Sein Grossvater habe den mächtigen Adler mit seinen grossen Schwingen noch selbst gesehen, auch die gehetzte Gemse, die in grosser Angst das Dorf hinunter geflüchtet sei. Da seien zwei Schüsse gefallen, die Gemse und der Adler wurden gleichzeitig getroffen. Die Gemse musste dem Jagdpächter abgeliefert werden.
Der Steinadler sei direkt auf der Kreuzung(beim Hangerten) vor dem heutigen Konsum(Dorfladen) liegen geblieben zur Besichtigung der Dorfbewohner, bis ihn der Abdecker entfernen musste. Zur Erinnerung an dieses seltene Ereignis sei dieser Platz in „Adlerplatz“ umgetauft worden. Das erlebte auch der junge Ulrich Hoerni(ein Neffe vom Nationalrat Hoerni), welcher dann 1877* am Adlerplatz ein grosses Gasthaus baute, wo es heute noch steht. Seither nennt sich das gastliche Haus „zum Adler“.
1877 | Bau des Gasthof zum Adler durch Ulrich Hoerni von Nieder-Neunforn. |
1919 | Abbruch eines Wohnhauses zwischen dem „Adler“ und der heutigen Liegenschaft „Walder“(oberhalb der Gartenwirtschaft). |
1920 | Anbau der Scheune, des Waschhauses und wahrscheinlich auch der Einbau der Trotte mit Presse im Erdgeschoss, womit der Adlerwirt fortan seinen eigenen Wein gekeltert hat. Mein Vater Fredi Frei-Karrer tat dies bis 1990. |
Ca. 1920-30 | Der „Adler“ erhielt seine heutiges Aussehen und Aufteilung: Die besondere Gaststube mit der einzigartigen Nische, wurde ihm Erdgeschoss eine Garage eingebaut, darüber im Hochparterre ein Geometer-Büro. im ersten Stock wurde der grosse Saal verkleinert und die neue Wirte-Wohnung gebaut. Dort wo die Wohnung zuvor gewesen war, entstanden drei Fremdenzimmer. |
Bis 1954 | führte die 2. Hoerni-Generation, Klara (eine Schwester meines Grossvaters) und Willy Hoerni-Frei, den Gasthof. Als dieser gestorben war, verpachtete ihn die Familie Hoerni an meine Eltern Esther und Fredi Frei-Karrer. |
1959 | kauften meine Eltern die Liegenschaft und renovierten sukzessive das Säli, den Saal im ersten Stock, die Fremdenzimmer, die Küche und die Toiletten. Die Gerätschaften im Weinkeller wurden stetig modernisiert. |
Ende 1983 | kehrte ich mit meiner Frau Marianne und den zwei ersten Kindern von München nach Unterstammheim zurück. |
1988 | verpachteten meine Eltern den „Adler“ an mich und meine Frau Marianne. |
1990 | kelterte Fredi Frei seinen letzten Wein im Keller unter der Gaststube. |
2004 | starb Vater Fredi Frei und wir übernahmen die Liegenschaft. |
2008 | verpachteten wir den Adler an den Verein Gästehaus zum Adler von Frau Luzia Walser. Im gleichen Jahr starb unsere Mutter Esther Frei. |
2015 | Nachdem der Verkauf nicht zustande gekommen war, kündigte ich das Pachtverhältnis mit dem Verein Gästehaus zum Adler und entschied, das Wirtshaus wieder selber zu führen. Seit dem 3. August führe ich das Lokal wieder. |
Thomas Frei, August 2015 * Alfred Farner, „Geschichte der Kirchgemeinde Stammheim und Umgebung“ ** Hansruedi Frei, „Die Flurnamen der Gemeinde Unterstammheim“ *** Walter Frei – Schmid, „Wie der Adler nach Stammheim kam“